Es ist mittlerweile Sommer geworden und der zweite Teil unserer Reihe führt uns vom Ijsselmeer bis in die nordspanischen Rias Baixas. In der Zwischenzeit ist bei uns sehr viel passiert: Am 04.06. ist unsere Tochter Mia geboren, die im Frühjar sozusagen noch als blinder Passagier an Bord war. Und schon im Alter von sieben Wochen darf sie nun das erste Mal Seeluft schnuppern.

Unser Ziel für die knapp fünf Wochen Sommerurlaub ist, Lotte bis an die nordspanische Küste zu bringen und gleichzeitig eine schöne Familienzeit zu erleben. Auch auf Basis unserer Erfahrungen im Frühjahr ist uns schnell klar, dass das kein ganz einfaches Unterfangen wird. Daher funktioniert dieser Plan nur dann, wenn wir nicht die gesamte Strecke als Familie zurücklegen. So mache ich mich (Philippe) alleine, oder wie man beim Segeln sagt „Einhand“, Ende Juli auf den Weg vom IJsselmeer in die Bretagne.

Diesmal haben wir Glück mit dem Wetter. In einer Zone in der eigentlich Westwind vorherrscht ist für die nächsten Tage wenig Wind angesagt, teilweise sogar segelbar aus östlicher Richtung. Ich reise mit dem Zug nach Stavoren am Ijsselmeer und mache mich bereits am nächsten Morgen nach einem Einkauf auf den Weg zur Schleuse bei Den Oever. Von dort geht es durch das Wattfahrwasser, vorbei an Texel raus auf die Nordsee, nächster Halt: Cherbourgh – ein tolles Gefühl, ein Abenteuer. Draußen frischt der Wind etwas auf und ich setze die Segel. Es ist schön wieder auf dem Wasser zu sein und ich freue mich auf die nächsten Tage auf See. Die Nacht verläuft unspektakulär und am frühen Morgen passiere ich problemlos die vielbefahrene Einfahrt von Rotterdam.

Schnell stellt sich eine gewisse Routine ein und am späten Abend bin ich an der engsten Stelle des englischen Kanals bei Calais. Dort wird es auch das erste Mal ein bisschen spannend. Vom Festland kommen kleinere Gewitterzellen und gleichzeitig befindet sich eine Fähre in der Ansteuerung von Calais. Diese zweite Nacht ist etwas anstrengender und so bin ich froh als es am frühen Morgen querab von Boulogne Sur Mer wieder ruhiger wird und ich schließlich nach weiteren 24 Stunden in Cherbourgh ankomme.

Dort liege ich für zwei Tage im Hafen und warte ein durchziehendes Tiefdruckgebiet ab. Die Weiterfahrt in Richtung Kanalinseln verläuft dann etwas holprig. Am Vorabend beschließe ich basierend auf meiner Erwartung, dass während der Ebbe am nächsten Morgen noch zu viel Wind für die Weiterfahrt sein wird noch etwas zu warten. Als ich dann gemütlich um neun Uhr aufwache und auf das AIS schaue, stelle ich fest, dass der halbe Hafen bereits gen Westen ausgelaufen ist. Kurzentschlossen schließe ich mich dem Tross, mit einiger Verzögerung an. Das Problem: Eigentlich läuft man in Cherbourgh mit Ziel Kanalinsen bei noch auflaufendem Wasser aus, um dann im Raz Blanchard zwischen Alderney und dem Festland gut durchzukommen. Dort ist die Strömung besonders stark.

Naja, neben mir läuft noch eine niederländische Decksalonyacht aus, zumindest die werden schon wissen was sie tun … und drehen kurz nach der Ausfahrt aus dem riesigen Vorhafen von Cherbourgh wieder um. Ich fahre weiter und kämpfe mich gegen Wind, Welle und später gegen Strom bis nach Guernsey durch. Dort fällt der Anker und ich falle erschöpft in die Koje. Anschließend geht es über L‘Aber Wrach nach Brest. Während ich noch die letzten Meilen durch den berüchtigten „Chanel du Four“ mache, befindet sich Lisa bereits mit den Kindern im Zug über Paris in die Bretagne. Das ist nicht minder spannend, da sie mit Kinderwagen und Gepäck einmal durch halb Paris gondeln muss.

Angekommen in Brest freuen wir uns, dass nun unser gemeinsamer Familienurlaub starten kann. In einer ersten Etappe geht es nach Camaret-Sur-Mer und dann weiter in Richtung Îles de Glenan. Die Temperaturen könnten etwas höher sein, aber spätestens am weißen Sandstrand der Hauptinsel Saint-Nicolas können wir so richtig abschalten.

Kaum sind wir richtig an- bzw. runtergekommen, beginnt auch schon das nächste Abenteuer, die Biskayaüberquerung. So ergibt sich nach einer Woche in der Bretangne ein Wetterfenster, das wir für den Schlag in Richtung Süden nutzen. Die zwei Tage und drei Nächte auf See verlaufen ohne größere Probleme, sind jedoch mit zwei kleinen Kindern sehr anstrengend und so freuen wir uns als wir am dritten Morgen in die Bucht von Viviero einlaufen und der Anker fällt.

Von dort geht es nun in mehreren Schlägen über Cedeira erst nach A Coruña und dann weiter um das Kap Finisterre in die Rias Baixas. Dort haben wir in der Ría de Vigo kurzfristig einen günstigen Liegeplatz für den Winter gefunden. Bevor es wieder nach Hause geht, genießen wir in diesem wunderschönen Revier noch ein paar Sommertage. Es ist angenehm warm und unser Highlight ist eine Wanderung über die Halbinsel O Grove, die auch Jannis viel Freude bereitet.

Schließlich motten wir unsere Lotte ein und machen uns per Taxi und Bus auf dem Weg zum Flughafen in Porto. Das war es allerdings noch nicht für dieses Jahr. Im nächsten Teil 3 sind wir im Oktober noch einmal in den Rias unterwegs.