Nach unserer Elternzeit im Jahr 2021 waren wir 2022 leider viel zu wenig auf dem Wasser unterwegs. Philippe hat seine Dissertation abgeschlossen und Jannis sollte in die Kita eingewöhnt werden, sodass der Sommerurlaub leider ausfallen musste. Diese „Flaute“ haben wir uns zumindest gedanklich mit großen, ich meine für uns wirklich sehr großen, Träumen versüßt.

Mit einer Elternzeit für Kind Nr. 2 , wollten wir noch einmal ein großes Abenteuer wagen, bevor wir das Kapitel mit unserer geliebten Lotte abschließen. Unser ambitioniertes Ziel: die Karibik. Kleiner Spoiler und Zeitreise voraus, es kommt immer anders als man denkt und unsere Pläne ändern sich während dieser ersten Etappe so schnell wie das wechselhafte Aprilwetter. Leider haben wir es nicht geschafft hier ausführlich zu berichten. Dennoch möchten wir mit dieser Reihe einen Eindruck zu unserem Segeljahr 2023 geben: Teil 1 führt uns von Fehmarn bis ans Ijsselmeer.

Wir starten ein paar Tage vor Ostern mit dem Auswintern auf Fehmarn und zunächst meint es der Wettergott nicht gut mit uns. Erst hiefen wir bei eisigen Temperaturen Eisschollen von der Plane unter der Lotte ihren Winterschlaf verbracht hat, dann zieht ein Tiefdruckgebiet nach dem Anderen durch, sodass an eine Fahrt gen Westen nicht zu denken ist. Ausgerechnet jetzt streikt zudem die wirklich aufwendig reparierte Dieselheizung. Grundsätzlich alles kein Thema, mit unseren Plänen im Hinterkopf, das Boot innerhalb von knapp drei Wochen Osterferien so weit wie möglich Richtung Westen zu bringen, um eine Atlantiküberquerung im Winter 23/24 möglich zu machen, eher ungünstig.

Dass das Bootsleben nicht immer nur Vergnügen und heile Welt á la Instagram ist, wissen wir schon. Meist bedeutet eine längere Zeit auf dem Boot, neben den tollen Erfahrungen in der Natur, eine genaue und doch flexible Routenplanung und immer wieder Reperaturen am Boot. Aber dieses Mal trifft es uns wirklich hart. Ich bin hochschwanger, Jannis wird nach ganzen 0,5 Seemeilen seekrank und „füttert die Fische“ und die Herausforderungen, die mit unseren ambitionierten Plänen einhergehen stressen uns sehr. Wo kriegen wir kurzfristig einen Liegeplatz, wenn wir wetterbedingt nicht raus auf die Nordsee können? Was, wenn wir an der Nordseeküste eingeweht werden und eigentlich wieder nach Hause müssen? Wie schaffen wir es gleichzeitig eine schöne Zeit zu haben und Meilen zu machen?

Ganz ehrlich: Hätten wir den Sommerliegeplatz auf Fehmarn nicht aufgegeben oder wäre es kurzfristig möglich gewesen einen Liegeplatz an der deutschen Osteseeküste zu bekommen, dann hätten wir wohl einen Rückzieher gemacht und Lotte würde jetzt nicht im nordspanischen Vigo überwintern. Aus dem Alltag sind wir es gewohnt aus einem sicheren Hafen heraus erst ein Ziel festzulegen und dann eine konkrete Route zu planen. Weichen wir davon ab, und kappen die Leinen ohne eine bereits vollständige Planung zu haben, kann es schonmal sehr ungemütlich werden. Dennoch sind wir rückblickend froh den sicheren Hafen verlassen zu haben, auch wenn diese erste Zeit nicht einfach war.

Nachdem das Wetter in den ersten Tagen die Weiterfahrt gen Westen also nicht ermöglicht hat, segeln wir zunächst Richtung Schleimünde und freuen uns hier dann doch über dringend benötigten Sonnenschein. Der Osterhase hat zur Freude von Jannis auch hier ein paar Eier verloren und die Tage am Strand beruhigen Geist und Seele, sodass wir mehrere Ideen für unsere weitere Zeit mit Lotte entwickeln. Aber dann ergibt sich doch noch ein Wetterfenster für die Weiterfahrt und so beschließen wir, dass es für uns nach entspannten Tagen an der Schleimünde doch durch den Nord-Ostsee-Kanal über Cuxhaven raus auf die Nordsee geht.

Ich kann euch nicht mehr genau sagen wann, aber irgendwo zwischen der letzten Schleuse und Norderney fällt die Entscheidung, dass unsere Idee in die Karibik zu segeln nicht zu dem passt was wir eigentlich erleben möchten. Mit zwei Kleinkindern, die noch nicht schwimmen können, sind viele Dinge noch nicht möglich und wir merken, dass unser Einsatz auf dem Weg dorthin wesentlich größer wäre als ursprünglich veranschlagt. Versteht uns nicht falsch, diese Entscheidung haben wir nicht leichtfertig getroffen, doch irgendwo war das Fass voll und die vielen Entbehrungen haben nicht mehr das aufgewogen, was wir uns versprochen hatten. Wir beschließen einen Gang runter zu schalten und planen konkret erst einmal bis ins Ijesselmeer zu fahren. Ein vager Plan B wird auch skizziert: Vielleicht schaffen wir es ja die Elternzeit 2024 im Mittelmeer zu verbringen. Wir schauen mal! Aus jetziger Sicht finden wir diese Idee fast noch aufregender und die Lehre, dass vor allem auf dem Wasser wenden manchmal gar nicht so schlimm ist, lässt uns ein Stück wachsen.

Es fühlt sich sehr gut an, eine Entscheidung getroffen zu haben und zehn Zentner leichter stoppen wir für einen Tag in Norderney, ziehen dann aber schnell und nonstop weiter nach Terschelling. Es ist bitterkalt und ohne funktionierende Heizung sind wir froh, dass nicht nur das Wetter endlich mitspielt und uns wundervolle Tage beschert, sondern auch, dass wir auf Terschelling nicht zahlreiche 50-Cent Stücke für den Landstrom und somit unseren Heizlüfter an Board verbraten.

Nachdem wir im Ijsselmeer kurzfristig einen Liegeplatz für die Monate bis zum Sommer gefunden haben, können wir uns endlich richtig entspannen und genießen ein paar Tage mit Radfahren und Spaziergängen. Wir sind das erste Mal auf Terschelling und so leer in der Nebensaison bin ich begeistert von der Dünenlandschaft. Hier habe mehr als einmal gedacht, „bei uns ist es doch auch mehr als schön, wer braucht da schon die Karibik“. Dann heißt es nach insgesamt 3 Wochen Abschied nehmen von Lotte und zurück in die Heimat. Im Sommer wird es für uns weitergehen. Fortsetzung folgt …