Mit der letzten Schleuse in Sjötorp ist das Kapitel Götakanal schon wieder pasé. Wahnsinn wie schnell die Ereignisse an uns vorüberziehen, von denen wir monatelang phantasiert haben. Den Götakanal haben wir ein wenig erschöpft gemeistert und freuen uns nun endlich mal wieder etwas zu segeln. Wir kreuzen gemütlich über den Vänern, bis wir den wilden Djurö Nationalpark als Tagesziel erreichen. Diese abgelegene Inselwelt inmitten des Vänern hat viel zu bieten und lässt sich über markierte Wanderwege prima erkunden.
Mem- das Tor zur Welt. Oder auch nicht… aber zumindest für uns das Tor in eine neue Herausforderung.
Philippe steuert vorsichtig auf den Absprungsteg zu. Unsere Lotte hat sich bis auf einen halben Meter dem Steg genähert, ich springe mit zwei Leinen über Bord und gehe plötzlich mit dem Boot Gassi. Während Philippe das Boot behutsam in die Schleuse fährt, gehe ich parallel mit zwei Leinen an Land die Schleusenmauer hinauf, um unsere Lotte an den Ringen an Land zu befestigen. Von außen muss es ein bisschen so aussehen, als würde ich ein Pferd longieren. Jetzt beginnt die eigentliche Aufgabe. Nachdem die Ringe an Land belegt sind, ist für mich die meiste Arbeit getan. Ich habe definitiv den Quatschjob, bei dem ich mich Schleuse für Schleuse mit den Schleusenwärter*innen oder „Mitschleuser*innen“ unterhalte.
Wo soll ich nur beginnen zu berichten? Man hat uns schon früh gesagt, dass das Stockholm Archipel genug Ankerplätze und Erkundungsmöglichkeiten für ein ganzes Leben bietet und so kommt es uns auch vor. Nachdem wir Stockholm verlassen haben und wieder entlang der Waterfront die Stadt verlassen, sind wir erleichtert so viel erledigt zu haben und gleichzeitig gespannt auf die Natur.
Die ersten Tage in den Schären haben wir sehr genossen. Endlich konnte in dem angenehm erfrischenden Wasser bei einer Temperatur von ca. 18°C ausgiebig gebadet werden und wir lagen häufiger vor Anker als im Hafen. Einzig das Angelglück blieb bis dahin noch aus und die Hechte, die hier gern auch Schärenkrokodile genannt werden, verschmähten unseren Köder.
Kann man sich einen besseren Geburtstag wünschen als mit seiner kleinen Familie auf einem Segelboot in der Natur, im kleinen Hafen, mit einer unserer bisher schönsten Wanderungen rund Utö, einem Geburtstagstisch und – frühstück (Danke Mama und Papa, danke Philippe!) und leckerem Essen am Abend? Was mich betrifft muss ich sagen, nein. Ein Wehrmutstropfen ist natürlich, dass meine Familie und Freunde nicht da waren, doch das holen wir auf jeden Fall nach!
Wieder einmal stand für uns eine spontane Entscheidung an. Wollen wir die insgesamt 125 Seemeilen Umweg in Kauf nehmen und unser Boot vor die Gewässer Gotlands bringen? Wer meinen Mann kennt, weiß, spontane Reiseplanung ist nicht sein Fall, aber bisher hätten wir mehr Glück mit unserer Routenplanung nicht haben können.
Da die Mitsegler Visby wärmstens empfehlen, checken wir also die Windvorhersagen für die Hin- und Rückfahrt und setzen Kurs auf Gotland.
Zuallererst einmal: Nehmt euch in Acht vor brütenden Seevögeln. Es ist nicht das erste Mal, dass wir wie hier in Sandvik von einem Vogelpaar attackiert werden. Also bitte, wer ist denn so blöd und baut sein Nest direkt am Strand oder auf Touriwegen?
Nach knapp zwei Wochen in Schweden schleicht sich auch bei uns so langsam der Alltag ein. Am Morgen ist der Wind meist noch schwach und wir nutzen die Gelegenheit, um mit unserem Sohn zu spielen, das Chaos an Bord im Rahmen zu halten und die Umgebung zu erkunden. Durch ein stabiles Hochdruckgebiet bietet sich bisher der Nachmittag zur Weiterreise an. Der Wind frischt dann meistens gegen 14.00 Uhr auf, sodass wir gen Norden segeln und die Küste Schwedens entdecken können.
„Wir lassen es ganz langsam angehen! Maximal segeln wir so zwei bis drei Stunden täglich. Sonst wird das einfach zu viel für den Kleinen.“, sagten sie. Schon unsere erste Woche belehrt uns eines Besseren.
Wenn das Wickeln die größte Herausforderung ist…
… dann ist die Crew mit fast allen Wassern gewaschen.
… dann hat der Skipper seinen Job gut gemacht und ein gutes Wetterfenster ausgesucht.
… dann hält der alte Kahn was er verspricht.
Nach knapp einer Woche auf Fehmarn haben wir den Sprung über den Teich gewagt. Die Wetterprognosen standen gut, die Crew fühlte sich so bereit wie es eben unter Unwissenden ging und das Schiff glänzte mit neuer Gasanlage und Bordtoilette bereit für das Abenteuer Schweden.